Unser Ort - Schulgeschichte
Hargarter und Erbringer wollten nicht aufgeben! -
Der verlorene Kampf um die eigene Grundschule im Jahr 2005
Am Freitag, 18. Februar 2005 hatten sich die Eltern der Grundschulkinder in Hargarten-Erbringen und die Eltern der Vorschulkinder zu einer Dringlichkeitssitzung getroffen. Die Elternvertretung der Grundschule Erbringen-Hargarten hatte eingeladen, um über die Aktivitäten zur Erhaltung der Grundschule und den derzeitigen Sachstand zu berichten.
Rückblickend wurde das Lichterfest vor Weihnachten zur Information der Bevölkerung und an ein Gespräch beim Bürgermeister der Gemeinde Beckingen, Erhard Seger (CDU), erinnert. Man zeigte Präsens bei der Gemeinderatsitzung im Dezember, bei der, wohl nicht zuletzt auf Drängen der anwesenden Eltern hin, eine einstimmige Resolution zur Erhaltung lebensfähiger, einzügiger Grundschulen verabschiedet wurde. Mit zwei Bussen und zahlreichen PKW´s fuhr man nach Saarbrücken und beteiligte sich mit über 200 Personen an der großen Demo zur Erhaltung der Grundschulen. Erneut wurde ein Brief an Bürgermeister Seger formuliert, der noch einmal eindringlich die Forderung nach der Erhaltung der Grundschule Hargarten unterstreicht und an den Bürgermeister appelliert, sich für die Umsetzung der Resolution des Gemeinderates einzusetzen.
Dies ist für die Eltern, über 50 waren zur Dringlichkeitssitzung gekommen, nicht nachvollziehbar. Noch ist die Grundschule Hargarten-Erbringen als einzügige Grundschule lebensfähig. Es macht derzeit keinen Sinn, die Klassen von Hargarten nach Reimsbach zu verlegen. In Reimsbach stehen 8 Klassenräume zur Verfügung. Würden die bestehenden Klassen aus Hargarten, die in ihrem jetzigen Klassenverband erhalten werden sollen, dazukommen, müssten 3 weiter Klassenräume geschaffen werden. Diese stehen jedoch nicht zur Verfügung. Der ausgelagerte Vereinsraum müsste genutzt werden und zwei Kellerräume, die eigentlich dringend als Computerraum und für die Nachmittagsbetreuung der Kinder gebraucht werden. Alle drei Räume sind ohnehin aus Sicht der Elternvertreter nur bedingt als Klassenräume geeignet.
Nicht vergessen werden sollte, dass, wenn die geplante Schließung der Hargarter Schule kommt, die neuen ersten Klassen in Reimsbach in den nächsten Jahren sehr groß würden und ca. 27 Kinder pro Klasse hätten, was auch die Reimsbacher und Oppener Kinder betreffen wird. Allein in Hargarten sind für das Schuljahr 2005/2006 insgesamt 20 Schüler und Schülerinnen zur Neueinschulung angemeldet. Aus Sicht der Hargarter und Erbringer Eltern durchaus genügend Kinder um die Schule zu erhalten. Ähnlich sieht es auch im kommenden Jahr aus.
Warum große Klassen? Warum eine problematische Raumsituation? Warum Zusatzkosten für Umbau- und Renovierungsmaßnahmen? Wenn in Hargarten eine funktionsfähige, qualitativ hochwertige Grundschule zur Verfügung steht!. Die Eltern treten dafür ein, dass die Grundschule in Hargarten-Erbringen so lange erhalten bleibt, wie genügend Schüler da sind. Bei Rückgang der Schülerzahlen kann dann über ein Auslaufen nachgedacht werden. Die ersten Klassen wären dann nicht mehr so groß. Eine Schließung sollte erst erfolgen, wenn nur noch eine Klasse aus Hargarten nach Reimsbach umsiedeln muss. So käme es auch nicht zu dem befürchteten Raumengpass in Reimsbach. Denn dann wären nur ein Schuljahr (aus jetziger Sicht etwa im Jahr 2009/2010) lang neun Klassen in Reimsbach, also eine Klasse mehr als Räume zur Verfügung stehen und das wäre bis dahin gut zu planen und zu tolerieren.
Die Stimmung bei der Dringlichkeitssitzung reichte von Kopfschütteln und ungläubigen Blicken bis hin zu lautstarken Protesten. Alle Anwesenden waren sich einig „Wir kämpfen weiter und wollen, dass unsere Schule im Dorf bleibt!“. Dies wird beim Bürgermeister und bei den Vertretern im Gemeinderat, die durch ihre Resolution ja bereits ihre Unterstützung zugesichert haben, und letztlich auch bei CDU-Kultusminister Schreier eingefordert.
Die Grundschule für die Gemeindebezirke Hargarten und Erbringen, die 154 Jahre eigenständig war, wurde 2005 von der damaligen saarländischen Landesregierung geschlossen.
Hargarter Schulgeschichte
Bis Mitte des 18. Jhd's beschränkte sich das Wissen der Dorfbevölkerung auf Dinge, die ihnen der Pastor von der Kanzel oder am Sonntagnachmittag in der Christenlehre beibrachte. So waren in Hargarten, Erbringen und Reimsbach 1789 offenkundig nur 11 von 45 Haushaltsvorständen, die sich in sogenannte Beschwerdehefte an ihre Abgeordneten eintrugen ("Cahiers de doléance") schreibkundig. Erst als die Landesherren auf Ausbildung drängten, wurden in den Dörfern Männer beauftragt, den Kindern das Notwendigste beizubringen. Der Unterricht fand nur außerhalb der landwirtschaftlichen "Saison" zwischen November und März unter primitivsten Bedingungen in Scheunen und Abstellräumen statt. Schulkinder mussten Holz zum Heizen mitbringen. Nachdem zunächst Dorfbewohner (z.B. Kuhhirten) beauftragt worden waren, kamen mit der Zeit "Wanderlehrer", die allerdings oft keine pädagogische Ausbildung hatten, ins Dorf, wurden von der Gemeinde untergebracht und mussten zum Essen von Elternhaus zu Elternhaus ('Wechseltisch') gehen. (Über die dabei entstehenden Ausgaben beschwerten sich übrigens Bewohner von Hargarten ebenfalls in den "Cahiers de Doléance"). Diese Situation änderte sich erst an der Wende zum 19. Jahrhundert durch die Reformen Napoleons. Nach und nach wurden Kreisschulinspektoren ernannt und es entstanden im Kreis Merzig vier Schulaufsichtsbezirke.
So entstand ab 1801 ein Schulzweckverband zwischen Reimsbach, Hargarten und Erbringen. 1851 trat Hargarten aus diesem Schulverband aus und gründete eine eigene Schule. 1851 und 1852 fand daraufhin der Unterricht im Haus der Witwe Jacobs statt (das 'Haus Burger' stand neben den Häusern Jürgen Selzer bzw. Oskar Zehren und brannte 1939 ab), danach in der Scheune des Nikolaus Jacobs (heute Haus Mosbach). Ab 1854 konnten die Kinder dann ein eigenes Schulgebäude beziehen. Es befand sich "Am Rod 1" (heute Haus Fontaine) und verfügte über einen Schulsaal von 35 qm. Jetzt fand auch das ganze Jahr hindurch Unterricht statt - aufgeteilt in ein Sommerhalbjahr und ein Winterhalbjahr. Allerdings sahen längst nicht alle Bewohner die Notwendigkeit einer guten Schulbildung ein, zumal Kinder oft als Arbeitskräfte gebraucht wurden. Und der "Ortsvorsteher" hatte das Recht, die Kinder "bei Bedarf" in Urlaub zu schicken - wenn sie etwa in der Landwirtschaft helfen mussten. So kam es, dass im Winterhalbjahr 1864/65 beispielsweise 57 Kinder die Schule besuchten, im Sommerhalbjahr 1865 lediglich 39. Auch nachdem dem Vorsteher das Recht auf Urlaubsgewährung entzogen worden war, änderte sich nicht allzu viel. Und die "großen Ferien" fanden wohl auch deshalb im September/Oktober statt, weil Schulkinder bei der Kartoffelernte dringender gebraucht wurden als bei der Getreideernte im Hochsommer.
Anfang des 20. Jahrhunderts setzte der damalige Dorfschullehrer Streit bauliche Verbesserungen gegen den Widerstand der Gemeinde durch: eine Pissoir- und Abortanlage, ein Fassadenanstrich und Innenrenovierungen.
Die nach dem 1. Weltkrieg veränderte, neue Grenzsituation führte 1921 auch dazu, dass in der Volksschule Hargarten für drei Jahre Unterricht in französischer Sprache erteilt wurde - und zwar fünf Stunden in der Woche.
Bis 1935 fand der Unterricht ganztags statt und zwar in einer Klasse für alle acht Jahrgänge. Das änderte sich erst 1935, als eine zweite Lehrerstelle geschaffen wurde. Binnen vier Jahren war nämlich die Schülerzahl von 56 auf 76 gestiegen. Die darauf folgenden Jahre der Nazi-Zeit sind in der Schulchronik - wie andernorts auch und in vielen Bereichen - nur spärlich dokumentiert. Erst nach Kriegsende findet sich die Klage darüber, dass zwar das Gebäude unbeschädigt geblieben sei, allerdings viele Lehrmittel und die gesamte Schulbücherei abhanden kamen. Die heimische Bevölkerung sei in keiner Weise beteiligt gewesen - hieß es.
Drei Jahre nach der Feier des 100jährigen Bestehens der Volksschule Hargarten im Jahr 1951 beschloss der Gemeinderat angesichts steigender Schülerzahlen und nicht mehr zeitgemäßer Räumlichkeiten den Bau einer neuen Schule. Im alten Gebäude sollte ein Kindergarten entstehen. Mit einem großen Anteil von Landesmitteln konnte der Schulneubau Ende 1958 fertiggestellt und am 8. Januar 1959 feierlich eingeweiht werden. Bedingt durch die geburtenstarken Jahrgänge gab es ab 1963/64 sogar drei bzw. vier Klassen, vom Schuljahr 1994/95 bis 1998/99 sogar fünf. Inzwischen hatten andererseits wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen sowie eine bildungspolitische Umorientierung zu Veränderungen in der Schulstruktur geführt. Aus der Volksschule Hargarten wurde mit dem Schuljahr 1970/71 die Grundschule für die Klassen 1 bis 4. Die älteren, die nicht "auf's Gymnasium" gingen, fuhren nach Reimsbach bzw. später nach Beckingen oder Losheim. Zum Schuljahr 1972/73 wurde die Grundschule im Nachbarort Erbringen geschlossen und diese Kinder wurden jetzt ebenfalls in Hargarten beschult. Mit der Einweihung der benachbarten Weidentalhalle am 12. Juli 1996 gab es erstmals sachgerechte Räumlichkeiten für den Schulsport, der bis dahin bei jedem Wetter im Freien oder im engen, ehemaligen Gemeindebad stattfinden musste.Am 22. Juli 2005 kam dann nach 154 Jahren mit der Schulstrukturreform der damaligen saarländischen Landesregierung das Aus für den Schulstandort Hargarten.
Quelle: "Hargarten, unsere Heimat gestern und heute", Heimatbuch der Interessengemeinschaft Hargarter Bürger, MDV 1993; Helmut Lubitz, letzter Schulleiter